Verkaufsoffener Sonntag: Kampf des Einzelhandel

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Verkaufsoffener Sonntag: In Deutschland sind der Zankapfel schlechthin. Wie ist es darum bestellt, wer ist dafür, wer ist dagegen? Und was sagen eigentlich die Betroffenen dazu?

Verkaufsoffener Sonntag in Deutschland und im Rest der Welt.

Es scheint ein wenig als sei es der letzte heilige Gral des Einzelhandels. Denn wenn man sich außerhalb Deutschlands umsieht, sieht man, dass in vielen Ländern der heilige Sonntag oft weit liberaler behandelt wird. Während in Deutschland nur wenige verkaufsoffene Sonntage pro Jahr vorgesehen sind, gibt es in anderen Ländern gar keine Beschränkungen und in einigen sind die Beschränkungen etwas lockerer. Ein paar Länder handhaben es mit den verkaufsoffenen Sonntagen dagegen ähnlich streng wie Deutschland das tut.

Übersicht verkaufsoffener Sonntage in der Europäischen Union

Wagen wir zunächst einen kurzen Blick über die deutschen Landesgrenzen hinaus und

  • Belgien: Ein gesetzlicher Ruhetag pro Woche; meist sonntags; kleine Läden sind regelmäßig geöffnet
  • Bulgarien: Mit wenigen Ausnahmen Sonntag geschlossen
  • Dänemark: Kleine Geschäfte dürfen auch sonntags geöffnet haben; generelle Erlaubnis für die vier Adventssonntage und sechs weitere Sonntage im Jahr, wovon je zwei in Juli und August liegen müssen; Ausnahmen für Flughäfen, Raststätten und so weiter bestehen
  • Estland: Keine gesetzlichen Beschränkungen; in der Praxis sind regelmäßig nur größere Märkte und Einkaufszentren geöffnet
  • Finnland: Keinerlei gesetzliche Einschränkungen bei den Öffnungszeiten
  • Frankreich: Kleine Läden dürfen nur unter der Bedingung öffnen, dass der Inhaber selbst arbeitet; große Supermärkte und Läden sind geöffnet
  • Griechenland: Lediglich 18 verkaufsoffene Sonntage pro Jahr
  • Großbritannien: Keine Beschränkung für kleine Läden in England und Wales; einzelne kommunale Regelungen in Schottland, die meist keine Beschränkungen vorsehen
  • Irland: Keine gesetzlichen Beschränkungen
  • Italien: Keine einheitlichen Regelungen; Sonntagsöffnungen oft möglich
  • Kroatien: Mit Ausnahmen sind Geschäfte sonntags geschlossen
  • Lettland: Keine Einschränkungen für Sonn- und Feiertage
  • Litauen: Keine Öffnung an Sonntagen; oft auch keine am Samstag
  • Luxemburg: Seit 2015 dürfen Geschäfte auch am Sonntag bis 19 Uhr geöffnet haben
  • Malta: Geschäfte in Touristenzentren regelmäßig auch sonntags geöffnet
  • Niederlande: In den Zentren von Amsterdam, Rotterdam und Leiden sind Geschäfte regelmäßig auch am Sonntag geöffnet; ansonsten bestimmen die Gemeinden über im Normalfall zwölf verkaufsoffene Sonntage pro Jahr
  • Österreich: Mit wenigen Ausnahmen sind Geschäfte am Sonntag geschlossen
  • Polen: Wenige Einschränkungen; an zwölf Sonn- oder Feiertagen müssen Läden geschlossen haben
  • Portugal: Sonntagsöffnung von 6 bis 24 Uhr gestattet
  • Rumänien: Keine gesetzlichen Regelungen; in der Regel sonntags geschlossen
  • Slowakei: Einschränkungen für gesetzliche Feiertage; Sonntag in Großstädten oft geöffnet
  • Slowenien: Wenig gesetzliche Einschränkungen; große Läden und Supermärke auch Sonntag geöffnet
  • Schweden: Keine gesetzlichen Beschränkungen
  • Spanien: An acht Sonntagen im Jahr ist die Öffnung von 10 bis 18 Uhr gestattet
  • Tschechien: Keine gesetzlichen Vorgaben; große Geschäfte können Sonntag offen haben
  • Ungarn: Ladenschlussgesetz wurde 2016 aufgehoben; lediglich Einschränkungen für gesetzliche Feiertage bestehen
  • Zypern: Sonntag bis auf wenige Ausnahmen geschlossen; oft auch Mittwoch ab 14 Uhr

Wie gehen die Länder in der Europäischen Union mit verkaufsoffenen Sonntagen um?(#01)

Wie gehen die Länder in der Europäischen Union mit verkaufsoffenen Sonntagen um?(#01)

Der verkaufsoffene Sonntag in Deutschland

Wie bei so vielem ist die Situation in Deutschland komplizierter. Hier sind allein die Bundesländer zuständig für die Ladenöffnungszeiten. Allerdings gibt es auch dafür wieder Ausnahmen. Denn wenn die Bundesländer selber keine Regelung für die Öffnungszeiten treffen, so gilt doch wieder Bundesrecht. So heißt es im Paragraph 3 des (Bundes-)Ladenschlussgesetzes (kurz: LadSchlG):

„Verkaufsstellen müssen zu folgenden Zeiten für den geschäftlichen Verkehr mit Kunden geschlossen sein:

  1.  an Sonn- und Feiertagen,
  2.  montags bis samstags bis 6 Uhr und ab 20 Uhr,
  3.  am 24. Dezember, wenn dieser Tag auf einen Werktag fällt, bis 6 Uhr und ab 14 Uhr.

Verkaufsstellen für Bäckerwaren dürfen abweichend von Satz 1 den Beginn der Ladenöffnungszeit an Werktagen auf 5.30 Uhr vorverlegen. Die beim Ladenschluss anwesenden Kunden dürfen noch bedient werden.“

Anschließend werden im Gesetz Ausnahmefälle definiert, die etwa für Tankstellen, Bahnhöfe, Apotheken, Flughäfen, Kioske und touristische Orte gelten.

Eine Ausnahme von § 3 Nr. 1 LadSchlG genehmigt § 14 Absatz 1 LadSchlG für verkaufsoffene Sonntage, die viermal im Jahr stattfinden dürfen, wenn dafür besonderere Anlässe wie Märkte, Messen oder ähnliche Veranstaltungen bestehen.

Wenn die Bundesländer selber keine Regelung für die Öffnungszeiten treffen, so gilt doch wieder Bundesrecht. So heißt es im Paragraph 3 des (Bundes-)Ladenschlussgesetzes (kurz: LadSchlG).(#02)

Wenn die Bundesländer selber keine Regelung für die Öffnungszeiten treffen, so gilt doch wieder Bundesrecht. So heißt es im Paragraph 3 des (Bundes-)Ladenschlussgesetzes (kurz: LadSchlG).(#02)

Verkaufsoffene Sonntage in den einzelnen Bundesländern

Die folgende Übersicht zeigt die Regelungen in den einzelnen Bundesländern und wann man am Sonntag zum Shopping darf.

  • Baden-Württemberg: Drei verkaufsoffene Sonntage im Jahr; nicht an Adventssonntagen, sowie Oster- und Pfingstsonntag und während der Weihnachtsfeiertage
  • Bayern: Keine landesgesetzliche Regelung , das heißt vier verkaufsoffene Sonntage im Jahr
  • Berlin: Maximal acht verkaufsoffene Sonntage im Jahr; davon nur zwei in der Adventszeit; zwei dürfen Unternehmer selber bestimmen
  • Brandenburg: Sechs verkaufsoffene Sonntage im Jahr mit Beschränkungen für Oster-, Pfingst- und Totensonntag
  • Bremen: Vier verkaufsoffene Sonntage für bis zu fünf Stunden mit Beschränkungen für Oster-, Pfingst- und Totensonntag
  • Hamburg: Vier Sonntage im Jahr; nicht in der Adventszeit und an stillen Feiertagen (zum Beispiel – nicht abschließend: Heiligabend, Ostersonntag, Pfingstsonntag, Allerheiligen, Volkstrauertag)
  • Hessen: Keine landesgesetzliche Regelung = vier verkaufsoffene Sonntage im Jahr
  • Mecklenburg-Vorpommern: Vier Sonntage im Jahr; Ausnahmen für touristische Orte mit bis zu zwanzig verkaufsoffenen Sonntagen in der Zeit von März bis Oktober
  • Niedersachsen: Weitgehend Bundesrecht bis auf Ausnahmen für touristische Orte = vier verkaufsoffene Sonntage im Jahr
  • Nordrhein-Westfalen: Maximal elf verkaufsoffene Sonntage pro Gemeinde mit Beschränkungen für den Advent, Oster-, Pfingst- und Totensonntag, Allerheiligen, Volkstrauertag, Tag der Wiedervereinigung
  • Rheinland-Pfalz: Vier verkaufsoffene Sonntage für bis zu fünf Stunden mit Beschränkungen für Oster-, Pfingst- und Totensonntag, zudem Adventssonntage und Volkstrauertag; zusätzlich acht Einkaufsnächte pro Jahr
  • Saarland: Vier verkaufsoffene Sonntage mit Beschränkungen für Oster-, Pfingst-, Totensonntag und Volkstrauertag
  • Sachsen: Vier Sonntage im Jahr
  • Sachsen-Anhalt: Keine landesgesetzliche Regelung = vier verkaufsoffene Sonntage im Jahr
  • Schleswig-Holstein: Keine landesgesetzliche Regelung = vier verkaufsoffene Sonntage im Jahr mit Lockerungen für touristische Orte
  • Thüringen: Keine landesgesetzliche Regelung , das heißt vier verkaufsoffene Sonntage im Jahr
Keine landesgesetzliche Regelung , das heißt vier verkaufsoffene Sonntage im Jahr.(#03)

Keine landesgesetzliche Regelung , das heißt vier verkaufsoffene Sonntage im Jahr.(#03)

Was sagt der Einzelhandel zu verkaufsoffenen Sonntagen?

Der Handelsverband Deutschland, in dem sich viele Einzelhändler und Unternehmen zusammengetan haben, befürwortet im Allgemeinen eine weitgehende Liberalisierung der Öffnungszeiten in Deutschland, so dass verkaufsoffene Sonntage in Deutschland häufiger stattfinden sollten als es im Moment der Fall ist.

Als Argument führen sie dabei ins Feld, dass gerade Familien den Sonntag nutzen könnten, um gemütlich zu bummeln, da viele Familien vor der typischen Überfüllung an einem klassischen Samstag abgeschreckt werden würden, was letztlich zu einer Entlastung der Innenstädte beitrage würde.

So ließe sich die Last auf die Einkaufsmeilen der Städte an einem Samstag auf zwei Tage verteilen. Die Leute würden lieber zum Shopping gehen und vor allem die Einzelhändler würden von der weiterhin steigenden Konsumfreude der Deutschen profitieren. Zuwächse wären so garantiert.

Und nicht nur das: Der Handelsverband Deutschland sieht verkaufsoffene Sonntage auch im Kampf gegen das immer weiter steigende Onlinegeschäft als gutes Mittel. Nach wie vor steigen die Umsätze und Gewinne im Handel in den Weiten des Netzes in immer höhere Sphären. Während Einzelhändler, gerade Läden, die zu keiner großen Kette gehören, ums Überleben kämpfen müssen, weil sie wegen steigender Mietpreise in Innenstadtlagen und höheren Kosten für Lagerung die Preise der großen Internetkonzerne nicht halten können.

Gerade die kleinen Einzelhändler können hier mit Service und Beratung punkten,  die man bei großen Märkten nur noch selten findet, im Internet oft genug gar nicht.

Der Handelsverband Deutschland sieht verkaufsoffene Sonntage so auch als Chance, Innenstädte möglichst vielfältig zu erhalten. In Zeiten, wo sich die klassischen Einkaufsstraßen in München, Hamburg, Berlin, ja sogar europaweit kaum voneinander unterscheiden, ein beinahe schon futuristisch anmutendes Szenario, das eine Chance freilich verdient hätte.

Gerade die kleinen Einzelhändler können hier mit Service und Beratung punkten.(#04)

Gerade die kleinen Einzelhändler können hier mit Service und Beratung punkten.(#04)

Wer ist gegen verkaufsoffene Sonntage?

Die Gewerkschaft Ver.di geht im großen Stil gegen verkaufsoffene Sonntage vor und klagt gegen eine Vielzahl gemeindlicher Genehmigungen. Dabei bezieht sich Ver.di vor allem auf die besonderen Anlässe, die häufig Voraussetzung dafür sind, dass ein verkaufsoffener Sonntag stattfinden darf (siehe § 14 Absatz 1 LadSchlG). Die Gerichte fahren bisher eine stark restriktive Praxis, so dass die Anlässe für den Ort wirklich prägend sein müssen. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Ort mit sehr großen und ungewöhnlichen hohen Besucherströmen rechnen muss. Aus Angst vor Zurückweisungen von Gerichten, zunehmender Rechtsunsicherheit und dem Sitzenbleiben auf Prozesskosten haben so einige Gemeinden und Städte ihre geplanten Termine für verkaufsoffene Sonntage wieder abgesagt.

Auch die Kirchen sind weithin strikter Gegner der Liberalisierung der Öffnungszeiten für Sonntage. Dies begründet man allerdings mit dem heiligen Sonntag, der in Deutschland auch heute noch zum wichtigen Kulturgut zählt.

Was sagen eigentlich die Mitarbeiter zu verkaufsoffenen Sonntagen?

Im Gegensatz zu Gewerkschaften wie Ver.di begrüßen viele Mitarbeiter von Einzelhandelsunternehmen die Öffnung an Sonntagen. Denn an Sonn- wie auch an Feiertagen ist die Entlohnung schlicht höher und auch die Kunden sind deutlich entspannter als sie es oft an einem überfüllten Samstag seien. Auch bei Verkäufern, die zusätzlich Provisionen für verkaufte Waren erhalten, ist der Sonntag gern gesehen, da die Umsätze an Wochenendtagen stets höher sind und sich so mehr verdienen lässt als nur von Montag bis Freitag.

Fazit

Der verkaufsoffene Sonntag ist vergleichbar mit dem heiligen Gral. Jeder hat von ihm gehört. Geben tut es ihn oft aber immer seltener. Während der Einzelhandel die Liberalisierung der Öffnungszeiten befürwortet, um eine Chance gegen den steigenden Onlinehandel zu haben, versuchen Gewerkschaften wie Ver.di die Zahl der Genehmigungen für Shopping-Sonntage mit Klagen noch weiter zu begrenzen. Wie es mit den verkaufsoffenen Sonntagen in Deutschland weitergeht? Ergebnis offen.


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